1.2419 (105WCr2)

# 1.2419 (105WCr2) - Der vielseitige Wolfram-Messerstahl im Detail

Der Messerstahl 1.2419, international bekannt als 105WCr2, gehört zu den interessantesten Vertretern der Wolfram-legierten Werkzeugstähle. Dieser deutsche Qualitätsstahl hat sich in der Messermacher-Community einen Namen als zuverlässiger Allrounder gemacht, der sowohl für Anfänger als auch erfahrene Schmiede attraktive Eigenschaften bietet. Seine ausgewogene Zusammensetzung macht ihn zu einer beliebten Wahl für verschiedenste Messeranwendungen - von Küchenmessern bis hin zu robusten Outdoor-Tools.

Chemische Zusammensetzung und Grundeigenschaften

Die chemische Zusammensetzung des 1.2419 (105WCr2) ist präzise auf Vielseitigkeit und Verarbeitbarkeit ausgelegt:

- **Kohlenstoff (C): 0,95-1,10%** - Sorgt für die grundlegende Härtbarkeit - **Wolfram (W): 1,80-2,20%** - Erhöht Verschleißfestigkeit und Warmhärte - **Chrom (Cr): 0,30-0,60%** - Verbessert Härtbarkeit und Korrosionsbeständigkeit - **Silizium (Si): 0,15-0,35%** - Desoxidationsmittel und Härtbarkeitsverstärker - **Mangan (Mn): 0,15-0,40%** - Unterstützt die Härtung - **Phosphor (P): max. 0,030%** - Unerwünschte Verunreinigung - **Schwefel (S): max. 0,030%** - Unerwünschte Verunreinigung

Der hohe Kohlenstoffgehalt von über 1% klassifiziert den 1.2419 als übereutektoiden Stahl. Das namensgebende Wolfram ist das Alleinstellungsmerkmal dieses Stahls und verleiht ihm besondere Eigenschaften, die ihn von anderen Messerstählen unterscheiden.

Härte und mechanische Eigenschaften

Der 1.2419 erreicht nach ordnungsgemäßer Wärmebehandlung Härtewerte zwischen **60-64 HRC**. Diese Härte macht ihn zu einem sehr schneidhaltigen Stahl, der auch bei intensiver Nutzung lange scharf bleibt. Die Wolframlegierung trägt erheblich zur Verschleißfestigkeit bei und sorgt dafür, dass die Schneide auch bei wiederholtem Kontakt mit harten Materialien ihre Schärfe behält.

Die Zähigkeit des Stahls ist für seine Härte überraschend gut. Während viele hochgekohlte Stähle zu Sprödigkeit neigen, zeigt der 1.2419 eine ausgewogene Balance zwischen Härte und Bruchfestigkeit. Dies macht ihn besonders geeignet für Messer, die sowohl präzise Schnitte als auch gelegentliche härtere Beanspruchung verkraften müssen.

Schärfbarkeit und Schneidhaltigkeit

Ein herausragendes Merkmal des 1.2419 ist seine exzellente **Schärfbarkeit**. Der Stahl lässt sich mit handelsüblichen Schleifsteinen problemlos auf Rasiermesserschärfe bringen. Japanische Wassersteine mit Körnungen von 1000 bis 8000 erzielen ausgezeichnete Ergebnisse. Auch mit europäischen Schleifmitteln und modernen Schärfsystemen arbeitet der Stahl kooperativ.

Die **Schneidhaltigkeit** ist dank des Wolframgehalts überdurchschnittlich gut. In Praxistests zeigt sich, dass Messer aus 1.2419 deutlich länger scharf bleiben als vergleichbare Stähle ohne Wolfram-Legierung. Besonders bei Küchenmessern, die täglich im Einsatz sind, macht sich dieser Vorteil bemerkbar. Ein gut geschärftes Messer aus diesem Stahl behält seine Schärfe oft wochenlang bei normalem Haushaltsgebrauch.

Korrosionsbeständigkeit und Pflege

Mit einem Chromgehalt von maximal 0,60% ist der 1.2419 **nicht rostfrei** im eigentlichen Sinne. Er gehört zu den kohlenstoffreichen Werkzeugstählen, die eine gewisse Pflege benötigen. Dennoch ist seine Korrosionsbeständigkeit besser als die vieler anderer Kohlenstoffstähle, was teilweise dem Wolfram- und Chromgehalt zu verdanken ist.

Für optimale Haltbarkeit sollten Messer aus 1.2419 nach Gebrauch gereinigt und getrocknet werden. Eine dünne Ölschicht schützt vor Korrosion bei längerer Lagerung. Viele Anwender schätzen die natürliche Patina, die sich mit der Zeit bildet und zusätzlichen Korrosionsschutz bietet.

Wärmebehandlung und Schmiedepraxis

Die **Wärmebehandlung** des 1.2419 erfordert Präzision, ist aber auch für weniger erfahrene Messermacher durchaus machbar:

**Härten:** - Austenitisierungstemperatur: 800-830°C - Abschreckung in Öl oder Wasser (je nach gewünschter Härte) - Erreichte Härte: 62-65 HRC

**Anlassen:** - Erste Stufe: 150-200°C für maximale Härte (60-64 HRC) - Zweite Stufe: 200-250°C für ausgewogene Eigenschaften (58-62 HRC) - Höhere Temperaturen für spezielle Anwendungen möglich

Der Stahl verzeiht kleinere Temperaturschwankungen relativ gut, was ihn für Hobbymessermacher attraktiv macht. Die Wolframlegierung sorgt für eine gleichmäßige Härtung und reduziert die Gefahr von Härteverzug.

Anwendungsbereiche und Messertypen

Der 1.2419 eignet sich hervorragend für verschiedene Messertypen:

**Küchenmesser:** Seine ausgezeichnete Schärfbarkeit und gute Schneidhaltigkeit machen ihn ideal für Kochmesser, Santokus und Filetiermesser. Professionelle Köche schätzen die lang anhaltende Schärfe.

**Outdoor- und Jagdmesser:** Die robuste Natur des Stahls eignet sich gut für Gebrauchsmesser, die auch härtere Aufgaben bewältigen müssen. Die gute Zähigkeit verhindert Kantenausbrüche bei unsachgemäßer Verwendung.

**Handwerksmesser:** Für Leder-, Holz- und andere Handwerksarbeiten bietet der 1.2419 die nötige Präzision und Haltbarkeit.

Vergleich mit ähnlichen Stählen

Im Vergleich zu anderen beliebten Messerstählen zeigt der 1.2419 charakteristische Unterschiede:

**Vs. 1.2842 (O1):** Der 1.2419 bietet durch das Wolfram bessere Verschleißfestigkeit, ist aber etwas schwieriger zu bearbeiten.

**Vs. 1.2067 (105Cr1):** Sehr ähnliche Grundzusammensetzung, aber der Wolframgehalt des 1.2419 sorgt für überlegene Schneidhaltigkeit.

**Vs. moderne Pulverstähle:** Kostengünstiger und einfacher zu verarbeiten, erreicht aber nicht ganz deren Spitzenleistung in puncto Schärfe und Haltbarkeit.

Vor- und Nachteile in der Praxis

**Vorteile:** - Ausgezeichnete Schärfbarkeit mit Standard-Schleifmitteln - Sehr gute Schneidhaltigkeit durch Wolframlegierung - Relativ einfache Wärmebehandlung - Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis - Bewährte Zusammensetzung mit langer Tradition - Gute Verfügbarkeit in verschiedenen Abmessungen

**Nachteile:** - Nicht rostfrei - benötigt regelmäßige Pflege - Bei unsachgemäßer Wärmebehandlung können Karbidausscheidungen auftreten - Höherer Verschleiß an Schleifmitteln als bei weicheren Stählen - Begrenzte Politurfähigkeit im Vergleich zu rostfreien Stählen

Verarbeitungshinweise für Messermacher

Bei der Verarbeitung des 1.2419 sollten einige Punkte beachtet werden:

**Schmieden:** Der Stahl lässt sich gut schmieden, sollte aber nicht unter 750°C bearbeitet werden. Langsames Abkühlen nach dem Schmieden verhindert Spannungsrisse.

**Schleifen:** Aufgrund der Härte nach der Wärmebehandlung ist geduldiges Arbeiten mit scharfen Schleifmitteln erforderlich. Überhitzung beim Schleifen unbedingt vermeiden.

**Politur:** Eine Hochglanzpolitur ist möglich, erfordert aber mehr Aufwand als bei rostfreien Stählen. Viele Messermacher bevorzugen eine satinierte Oberfläche.

Fazit

Der 1.2419 (105WCr2) ist ein ausgezeichneter Messerstahl für alle, die einen bewährten, vielseitigen Werkzeugstahl suchen. Seine Wolframlegierung hebt ihn von Standard-Kohlenstoffstählen ab und bietet echte Vorteile in der Praxis. Während er nicht die Korrosionsbeständigkeit moderner Edelstähle oder die Spitzenleistung teurer Pulvermetallurgie-Stähle bietet, überzeugt er durch sein ausgewogenes Eigenschaftsprofil und seine Zuverlässigkeit.

Für Messermacher, die einen Stahl suchen, der sich gut verarbeiten lässt, ausgezeichnete Schärfe erreicht und diese lange hält, ist der 1.2419 eine hervorragende Wahl. Seine lange Tradition in der deutschen Werkzeugindustrie spricht für seine bewährten Eigenschaften, während das faire Preis-Leistungs-Verhältnis ihn auch für Hobbymessermacher attraktiv macht.

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